Auf den Spuren der Liebe: Roman (German Edition) by Christine Lehmann

Autor:Christine Lehmann [Lehmann, Christine]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Humor, Unterhaltung, Beziehungen, Liebe, eBooks, Frauenunterhaltung
ISBN: 9783955207267
Herausgeber: dotbooks Verlag
veröffentlicht: 2015-01-25T05:00:00+00:00

28

Die waagrechten Sonnenstrahlen tauchten die Szenerie in ein feierliches Rotgold. Ein Meer von Köpfen und hochgerissenen Armen wogte im Gegenlicht der untergehenden Sonne vom Peilturm bis zu den beiden Leuchttürmen hin. Die Menge applaudierte gerade Silbermond, den drei Jungs aus Bautzen mit ihrer schwarzhaarigen Sängerin. Über dem schwarzen Bühnenkasten stand schon ziemlich hoch am violetten Osthimmel der leicht angefressene Halbmond.

Alena befand sich an der Absperrung vor der Bühne auf der kleinen Anhöhe zum Kliff hin, von wo aus sie das Gelände halbwegs überblicken konnte. Silbermond gab noch eine Zugabe, dann trat der Moderator auf die Bühne und kündigte einen »der ganz Großen« der neunziger Jahre an, Len Lost, der nach den tragischen Ereignissen vor zehn Jahren als Lennart Gristow heute und hier zum ersten Mal wieder auftrete. Für den guten Zweck.

In manchen Ecken des Publikums brandete Beifall und Jubel auf, die anderen stimmten wohlwollend mit ein.

Zu den ganz Großen hatte Len Lost nun allerdings nie wirklich gehört. Im Zelt hinter der Bühne hatte ihn tatsächlich keiner der Kollegen gekannt. Einer hatte ihm die Gitarre gegeben, mit der Lennart jetzt auf die Bühne trat.

Er kam langsam. Dennoch beherrschte er von der ersten Sekunde an nicht nur die riesige Bühne, sondern auch das Publikum. War es die Art, wie er den Kopf hob, herausfordernd und zugleich fragend, oder das halbe Lächeln auf den Lippen oder die Gelassenheit, mit der er den Blick schweifen ließ, als wollte er erst sehen, wer die waren, für die er sich jetzt auf den hohen Schemel setzte und die Gitarre übers Knie legte, das linke, so wie man es mit einer echten Konzertgitarre tat.

Er trug immer noch die hellen Jeans, den Ledergürtel und das weiße Hemd mit den hochgekrempelten Ärmeln. Alena hatte ihm hinter der Bühne nur noch schnell zwei weitere Hemdknöpfe geöffnet. Dabei hatte er ihre Hand eingefangen und geküsst. Sie hatte es geduldet, denn Künstler durften vor ihrem Auftritt wahllos die Hände junger Frauen küssen. Sie hatten Narrenfreiheit, denn sie hatten Lampenfieber.

Während er nun das Mikro ins Klangloch der Gitarre hängte und die Saiten noch einmal kurz nachstimmte, fragte Alena sich, was um Himmels willen er singen würde. Ihr würde in so einer Situation nichts einfallen, sie würde keinen Ton herausbringen. Und sie hatte ihn zudem auch ziemlich überrumpelt. Er hatte sich erstaunlicherweise nicht einmal gewehrt. »Na gut. Wenn es denn sein muss, lasse ich mich für Luisa auch noch von der Presse schlachten«, hatte er, um einen leichten Ton bemüht, lediglich bemerkt und war danach ziemlich wortkarg gewesen.

Es wurde still. Alena betrachtete Lennarts blasses Gesicht mit dem pechschwarz schimmernden Haar und den hellen Augen, die über das Meer dunkler Köpfe glitten. Ein Gesicht, das man nicht schminken musste, damit es im Scheinwerferlicht Ausdruck bekam.

Die Muskeln von Lennarts entblößten Unterarmen zuckten geschmeidig, während er das Intro von »Hotel California« anschlug und damit schon Applaus auslöste.

Lennarts Haltung veränderte sich kaum merklich, und mit einem Mal sprang der Funke über, ohne dass Alena hätte sagen können, wie er das anstellte. Es war mucksmäuschenstill. Alena sah die Gesichter der Mädchen an der Absperrung atemlos gespannt, die Augen vertrauensvoll geöffnet.

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